Einleitung über die Schöpfung

Die Adepten der Mystik – Heilige, Meister der Wahrheit, Murshid-i-Kamil oder Pir – berichten uns, dass die Erforschung der Inneren Reiche das Erbrecht jeder Seele ist und wenn wir nicht nach Innen gehen, um diese Regionen zu durchqueren, es unser Fehler ist. Kabir, der Dichter und Heilige Indiens, beschrieb diese Regionen in Seinen Schriften. Sie wurden auch von Guru Nanak, dem ersten Guru der Sikh-Religion, Soami Ji und Baba Jaimal Singh Ji, zwei Höchsten Adepten der Mystik des 19. Jahrhunderts, beschrieben und auch von Hazur Baba Sawan Singh Ji im 20. Jahrhundert und Seinem Spirituellen Nachfolger Kirpal Singh im 21. Jahrhundert.

Nach den Lehren der Adepten der Mystik gibt es drei große Aufteilungen. Diese Regionen teilt man hier am besten in die drei folgenden Hauptbereiche des kosmischen Schöpfungsschemas auf:

1. – die rein Spirituelle Region; 
2. – die spirituell-materielle Region; 
3. – die materiell-spirituelle Region.

Der materiell-spirituelle ist der dem physischen Universum am nächsten stehende Hauptbereich. Die zentrale Kraftquelle dieser materiell-spirituellen Region ist in der Terminologie des Orients als Sahasdal Kanwal – tausend-blättriger Lotos – bekannt. Dieser dritte Hauptbereich ist in der westlichen okkulten Literatur und in theosophischen Schriften als Astralebene bekannt. Der Maßstab der Zeit ist in der astralen Region kleiner als in der zweiten spirituell-materiellen Region, aber sehr viel größer als im physischen Universum. Das Astralreich wird am Ende eines kleineren kosmischen Lebenszyklus, der viele Millionen Jahre währt, bis zur Region des Universalen Gemüts aufgelöst. Die Himmel der meisten Weltreligionen befinden sich in dieser Region. Hier kann man den Himmel der Christenheit, das Paradies des Islam und die Swargas des Hinduismus finden. Diese Himmel sind sehr schön, aber auch sie sind der schließlichen Auflösung unterworfen.

Der Beginn des mystischen Pfades der Liebe, der Rückweg zu unserer Wahren Heimat, findet jedoch in der untersten Ebene der Schöpfung statt, die unser ganzes physisches Universum umfasst – all die Planeten, Sonnen, Sterne, Sonnensysteme, Galaxien und kosmischen Systeme, seien sie der heutigen Astronomie bekannt oder nicht. Die Materie in unserem physischen Universum befindet sich in ihrer rohesten, dichtesten Form mit einer sehr geringen Beifügung von Geist-Substanz, die gerade ausreicht, um die Materie zu beleben und das Leben zu erhalten. Der physikalische Aufbau unseres Universums ist die unterste Projektion einer kosmischen Idee, die durch das Medium des Universellen Gemüts gelenkt wird. Das ganze physische Universum mit seinen Millionen Galaxien, die unermesslich viele Lichtjahre auseinander liegen, ist wie ein Staubkorn im Vergleich zu den Inneren Reichen jenseits davon.

Guru Nanak beschreibt im Jap Ji die drei großen Hauptbereiche wie folgt:

Der erste ist die ‚Region der Wahrheit und des reinen Geistes‘, die nicht mit Materie vermischt ist.

Guru Arjan, Ramkali M5

Hier herrscht der Geist uneingeschränkt und Materie ist gänzlich nicht vorhanden. Dies ist die Region, in welcher der Herr Selbst weilt, und sie kann als die rein Spirituelle Region bezeichnet werden. Diese ist frei von der Heimsuchung durch Tod und Zerstörung. Wer auch immer seinen Bereich erreicht, erlangt die Wahre Erlösung.

Der Meister sagt:

Wenn du einmal die Region des Formlosen erreichst, erlangst du in die Wohnstatt Ewiger Freude und immerwährenden Friedens.

Guru Nanak, Sorath M1

Wiederum:

Der Formlose weilt in der rein Spirituellen Region.

Jap Ji, Strophe 37

Die zweite Große Aufteilung besteht aus reinem Geist und einer subtilen Form von Materie in variierenden Graden. Der obere Teil von ihr wird Par Brahmand genannt, worin der Geist mehr mit den subtilen Formen der Materie zu vergleichen ist. In den niederen Teilen, genannt Daswan Dwar, sind beide zu gleichen Teilen vertreten. Dies ist die Region des Universalen Gemüts und wird von den verschiedenen Meistern mit unterschiedlichen Namen bezeichnet. Hier ist der Geist mit Materie in ihrer subtilsten Form vermischt, wobei Letztere dem Ersteren völlig untergeordnet ist. Der Geist herrscht in dieser Region vor und ist hauptsächlich die waltende Kraft. Diese Region unterliegt einer Umwandlung bei der Zerstörung des Universums in der Großen Auflösung, Maha Pralaya, und der Auflösung, Pralaya.1 Ein Mensch in dieser Region ist sicherer als in der darunter liegenden.

Die dritte Region ist die große Aufteilung von Geist und Materie in ihrer gröbsten Form und wird And genannt. Sie beinhaltet Trikuti und die Sahasrar-Ebenen. Es ist der Bereich von Maya oder der Materie. In dieser Region hat die Materie die Oberhand, und der Geist ist ihr so sehr untergeordnet, dass sich Letzterer von der Ersteren für seine Offenbarung abhängig glaubt. In dieser Region ist der Geist wegen seiner Vereinigung mit der Materie unsäglichem Leid ausgesetzt und ist dem Gesetz der Seelenwanderung unterworfen. Diese beiden Aufteilungen werden auch als Kal beziehungsweise Maha Kal bezeichnet. […]

Dies ist in Kürze eine Skizze des Makrokosmos – des großen Weltuniversums. Diese drei Aufteilungen existieren auch im Menschen in einem Miniaturausmaß. Wenn man etwas über den Makrokosmos wissen möchte, muss man erst den Mikrokosmos kennen.

Auszug aus dem Jap Ji –
Drei große Aufteilungen und ihre Grundzüge,
herausgegeben von Kirpal Singh, 1894–1974

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Quellenhinweis: Dieses Kapitel enthält Auszüge aus dem Text ‚Der Weg durch die Astralreiche‘, von Dr. George Arnsby Jones, veröffentlicht in der deutschsprachigen Ausgabe von Sat Sandesh / November–Dezember 1976.

Erläuterung: 1) Im Pralaya wird die materielle Welt aufgelöst, im Maha Pralaya die feinstofflichen Welten.