Wenn der Meister die armen, hilflosen Seelen in Schwierigkeiten sieht …

9. Juli 1914

Meine liebe Tochter,

ich erhielt deinen Brief vom 20. April im rechten Augenblick. Meine Antwort hat sich etwas verzögert.

Was deine Freundin betrifft, deren Namen du nanntest, so solltest du die Geheimnisse des Pfades, die eigentlichen Instruktionen, nicht weitergeben. Doch du kannst ihr Bücher geben oder die Grundlagen erklären, falls sie daran interessiert ist. Wenn du sie mitfühlend behandelst, vermagst du ihr durch dein liebevolles Naturell mehr beizubringen, als durch Worte.

Was euren Umzug angeht, so könnt ihr das tun, was euch am besten zusagt. Dies wird kein Hindernis für eure Spirituelle Entwicklung bedeuten, denn der Spirituelle Fortschritt hängt nicht von Örtlichkeiten oder Wohnorten ab.

Ich möchte gerne, dass du einen wichtigen Gesichtspunkt verstehst, und zwar, was eure Beziehung zu anderen Lehren angeht. Bitte beachte Folgendes:

Wenn der Meister die armen, hilflosen Seelen in Schwierigkeiten sieht, kommt Er aus Sach Khand, dem Bereich der Wahrheit, um sie aus dem Elend zu erretten und vermittelt ihnen das Geheimnis des Heiligen Tones, der sie zurück zur Heimat bringt. Kal Purush oder Satan, der Herr dieser Welt, kommt ebenfalls in menschlicher Gestalt auf diese Erde und beginnt das Werk der Zerstörung. Dabei eröffnet er eine ähnliche Schule, deren Lehren irgendwie denen von Sant Mat ähneln. Er wählt gleichartige Namen, und fängt und verführt auf diese Weise arme, unwissende Geschöpfe, und verhindert deren Rückkehr in ihre Heimat. Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen dem Vollendeten Meister und einer Inkarnation von Kal Purush:

Der Erste ist, dass dieser Wahre Weg in uns, auf dem die Seele ihre Wahre Heimat erreicht, allein dem Kompetenten Meister bekannt ist. Kal Purush ist mit dem Geheimnis des Heiligen Tones nicht vertraut. Der Pfad von Kal geht nach links, wogegen jener der Heiligen – wie du weißt – nach der rechten Seite geht. Die Aufgabe von Kal ist es, diese Welt einzurichten und zu erhalten, doch die eines Vollendeten Meisters ist es, die Seele aus der Welt zu befreien.

Zweitens nimmt ein Vollendeter Meister nie auch nur einen einzigen Heller von seinen Schülern für Sich selbst, d.h. Er lebt nie von ihrem Geld. Er verdient Sich Seinen Lebensunterhalt selbst, wie jeder einfache Mensch auch, und was über Seine Bedürfnisse hinausgeht, gibt Er den Armen. Andere Lehrer dagegen kassieren Beiträge für eigenen Bedarf. Unter dem Vorwand der Religion entfalten sie eine Art Geschäft. Ich möchte nichts Übles über andere sagen, doch da dies ein wichtiger Punkt ist, halte ich es für wichtig, dich darüber zu informieren. Du solltest dich darüber auf keinen Fall in lange Debatten einlassen. Aber du kannst die Grundzüge unserer Lehren höflich und liebevoll erklären, falls man es will.

Du fragst, was dich in der Dunkelheit gefangen hält. Dies kann mit einem Wort beantwortet werden: Wünsche. Die Wünsche sind das Ergebnis unseres eigenen vergangenen Karmas. Wenn wir uns von weltlichen Wünschen freimachen könnten, gäbe es nichts, was uns in dieser Welt festhalten könnte. Mehr darüber bei anderer Gelegenheit.

Als Antwort auf deine Frage, ob man nicht Artikel in Zeitschriften bringen sollte, habe ich nur ein Wort zu sagen. Ich habe darüber schon in einem früheren Brief sehr ausführlich geschrieben. Die Vorstellung, andere durch solche Artikel informieren zu wollen, ist nur eine raffinierte Irreführung durch das Gemüt. In Wahrheit wird in solchen Fällen das Gemüt nicht von wohlmeinenden Motiven bewegt, sondern es hat seine Freude daran, anderen sein überlegenes Wissen zu zeigen. Diese Art feinen Stolzes sollten wir sehr sorgfältig und konsequent vermeiden. Und Tatsache ist, dass wir das Geschick anderer durch unser Tun nicht ändern können. Nur der Meister kann es zustande bringen, den Menschen zu helfen, und das auch ohne jedweden Artikel in Zeitschriften.

Was deine Pflicht als Wahlberechtigte anlangt, so hat es keine Vorteile, sich aktiv in der Politik zu engagieren. Aber einfach nur wählen bringt keinen Nachteil. Wählen ist ein Recht und keine Pflicht, deshalb magst du davon Gebrauch machen oder nicht, ganz wie du willst.

Ich freue mich sehr, zu sehen, dass du an dir hart arbeitest und keine schnellen Ergebnisse verlangst. Soweit ist dein Fortschritt sehr ermutigend.

Mit Liebe und herzlichen Grüßen

Sawan Singh