Orientiere dich immer nach Innen … 

1. August 1912

Meine liebe Tochter,

ich war hocherfreut, als ich deinen Brief voller Liebe und Vertrauen erhielt und erfuhr, dass du bei deinen Übungen guten Fortschritt machst, obwohl dies durch euren Umzug in das neue Haus nicht einfach war. Nun habt ihr durch Gottes Gnaden ein behagliches Zuhause bekommen und andere weltliche Ängste sind vorbei. Du solltest dich mit Herz und Seele dem Dienst für den Vater widmen, und so viel Zeit für die Übungen einsetzen, wie du problemlos von deiner täglichen Arbeit abzweigen kannst. Bedenke aber, deine Arbeit darf darunter nicht im Geringsten leiden. All die Kostbarkeiten dieser Welt und die Welt selbst – die Sonne, der Mond, die Sterne – kurzum, alles was wir hier sehen, obliegt der Zerstörung. Allein die Liebe ist unsterblich. Deshalb versuche diese kurze Lebensspanne so zu leben, wie es Gott gefällt, damit dein Wandern in dieser Welt beendet werde und du deine Ewige Heimat erreichen kannst, wo alles rein und voller Glückseligkeit ist.

Was die Übungen angeht, so sagst du, du könntest nicht lange genug in einer bestimmten Haltung verweilen. Es schadet nicht, Polster zu verwenden. Oder du kannst Sasmas bitten, dir ein Holzstück zu geben, das an einem kurzen Stiel befestigt ist, etwa wie im folgenden Bild: ...

Das Holzstück hat etwa eine Länge von 45 cm und ist ca. 5 cm breit. Der Stiel ist in der Mitte des Holzes eingesetzt, es unterstützt unsere beiden Ellenbogen, während wir im Hocken üben. Sasmas wird dir alles erklären.

Ein Wort über allgemeines Verhalten. Den Großteil unserer Zeit verbringen wir im Hinblick auf unsere weltlichen Ziele, und so kann sich unsere Seele, wenn wir nur ein paar Stunden kontemplieren, nicht richtig am Heiligen Ton erfreuen. Wieder und wieder wandert das Gemüt hinaus in die Welt und verweilt in Gedanken bei den weltlichen Angelegenheiten. Deshalb halte ein scharfes Auge darauf, wie es während des ganzen Tages agiert, und gib acht, dass es dich nicht fortträgt. Versuche seinen niederen Wünschen zu widerstehen, und gib darauf acht, wie es durch die Sinne außen wirkt. Orientiere dich immer nach Innen und erlaube deinem Gemüt nie, sich mit albernen Neigungen zu beschäftigen. Dies kannst du jedoch nur dann, wenn du dein Gemüt mit der Wiederholung der Heiligen Namen beschäftigst. Versuche immer – ob du läufst, isst, trinkst oder etwas anderes tust, was nicht zu viel Aufmerksamkeit verlangt –, deine Aufmerksamkeit auf die Heiligen Namen zu konzentrieren und erlaube deinen Sinnen nie, frei umherzuwandern. Sei immer auf der Hut, denn dies ist der einzige Weg, um die Herrschaft über das Gemüt zu erlangen.

Zweitens, was immer dir Gutes und Böses widerfährt, durch wen oder was auch immer, kommt direkt von unserem Liebenden Vater. Alle Menschen und Dinge sind nur Werkzeug in Seiner Hand. Wenn du leidest, dann betrachte das als Seine größte Barmherzigkeit. Wir müssen für unsere vergangenen Handlungen leiden, früher oder später. Unser Meister beabsichtigt, uns schnell von unserer Last zu befreien, indem Er uns durch diese Leiden rasch hindurchführt, und den Weg bei jenen beschleunigt, die später dazukommen. Wenn wir so unsere Schuld schnell bezahlen – denn Schuld ist es – wird das Ausmaß unseres Leidens sehr stark verringert. Wenn wir anfangs für eine Tonne zahlen mussten, so sind wir jetzt begünstigt und müssen nur für ein Pfund bezahlen. Sei deshalb nie mutlos, wenn du für eine schwere Schuld zahlen musst, denn es ist alles zu deinem Besten. Nimm an, jemand misshandelt dich, ohne dass du Schuld daran hast, dann solltest du darin die Hand des Meisters am Werk sehen. Er will von dir, dass du herausfindest, dass du dir bewusst wirst, ob deine Selbstverehrung erloschen ist, oder nicht – und wie tief Demut und Liebe in dir Wurzeln gefasst haben. Nimm ferner an, ein Mann verliert seinen Sohn. Das kann deshalb sein, weil der Meister prüfen will, wie weit deine Liebe für irdische Verwandte abgenommen hat. Der Vater will nur die drückenden Ketten lösen, die uns an die Erde binden. Mehr Liebe zu irdischen Verwandten bedeutet weniger Liebe zum Meister. Deshalb sind alle Ereignisse nicht wirklich Missgeschicke, wie sie zu sein scheinen. Sie kommen, um uns zu reinigen und zu stärken – und lassen uns letztlich als bessere Menschen zurück. Sei immer Seinem Willen ergeben. Was der Vater tut, geschieht zu deinem Besten. In dieser Welt haben diejenigen, die mit der Reise nach oben beschäftigt sind, beständig dem Angriff von zwei mächtigen Feinden die Stirn zu bieten – dem Gemüt und der Materie. Denn diese versuchen, uns viele Hindernisse in den Weg zu legen. Wenn ein unglückseliges Ereignis eintritt, brauchen wir nicht entmutigt sein. Eher sollten wir uns mit doppelter Liebe aufrichten – und der Sieg ist schließlich unser.

Unser Vater ist Liebe, und wir sind kleine Tropfen aus jenem Ozean der Liebe. Die ungeheure Maschinerie des Universums wird durch das Ewige Prinzip der Liebe betrieben. Daher trachte danach, dich in Harmonie mit diesem Prinzip der Liebe zu bringen. Je tiefer die Liebe des Meisters in dir Wurzeln schlägt, desto schwächer wird die Liebe zur „Erde“ in dir sein. Der Geist wird die Fleischeslust entwurzeln. Die Vorgänge werden sich einzeln vor dir auftun. Die geheimnisvollen Mysterien des Universums werden sich dir enthüllen, und du wirst dich selbst im liebenden Schoß des Vaters vorfinden – Eins mit Ihm.

Aus Seiner Barmherzigkeit heraus hat Er dich mit einer solch edlen Gabe beschenkt, dass alle Schätze dieser Welt keinem Vergleich standhalten. Aber es wird deinen Zustand nicht verbessern, wenn du sie nicht nützt. Ein hungriger Mann wird nie zufrieden sein, wenn er nur die Namen der Speisen aufzählt, die vor ihm stehen. Obwohl die Lehren, die du kennengelernt hast, unschätzbar sind, können sie dennoch nicht von Nutzen sein, wenn du nicht nach ihnen handelst und täglich so viel Zeit für die Übungen einsetzt, wie du neben deiner weltlichen Beschäftigung erübrigen kannst.

Zusammenfassend, solltest du dich um folgendes kümmern:

  1. Das Gemüt kontrollieren,

  2. Die Sinne überwachen,

  3. Seinem Willen ergeben sein,

  4. Liebe für Ihn entwickeln, und

  5. Regelmäßig meditieren.

Du kannst diese Briefe zu deiner Führung aufbewahren und brauchst sie nicht vernichten.

Mit freundlichen Grüßen

Sawan Singh