Die Kraft, die unserem Spirituellen Fortschritt entgegenwirkt

1. Januar 1919

Lieber Sohn,

was deine persönliche Fragen angeht, so ist es nicht nötig, wegen des Spirituellen Fortschritts ungeduldig zu sein. Alles kommt zur rechten und geeigneten Zeit. Die Kraft, die unserem Spirituellen Fortschritt entgegenwirkt, ist unser eigenes Karma.

Das menschliche Wesen, das schon so lange Zeit dem Einfluss des Gemüts und der Materie unterworfen ist, ist völlig in den weltlichen Wünschen gefangen. Wenn man nun versucht, es davon freizubekommen, verhindern das die Eindrücke von uraltem Karma, da die Seele – wann immer sie in den Zustand der Verzückung gerät – nicht zurückkehrt, ohne vorher in weltliche Gedanken verwickelt zu werden, die sie wieder nach unten ziehen. Wenn man dann aber durch die Tonpraxis fortschreitet und das Karma niedergebrannt wird, bezieht die Seele dort eine standhafte Position. Obwohl wir vielleicht im Innersten überzeugt sein mögen, dass wir „das Wünschen“ ausgemerzt hätten, so ist dies trotzdem nicht der Fall. Solange das Karma nicht verschwunden ist – was allein auf der „zweiten Stufe“ geschieht – geht der Spirituelle Fortschritt nur schleppend voran und nicht gleichmäßig, wie bei einer Ameise, die eine Wand hinaufklettert: Bis dahin kann man nicht sagen, dass der Schüler die Wünsche abgelegt hat. Wenn du aus der Verzückung zurückkehrst, solltest du auf den Gedanken achten, der dich herunterzog, und auf den Wunsch, der jenen Gedanken hervorbrachte. Dann versuche, die Kraft jenes Wunsches zu schwächen – auf diese Art magst du fortfahren, deine Gedanken jeden Tag zu sieben.

Der Sitz der „Willenskraft“ befindet sich im „Antah-Karan“, dem vierblättrigen Lotos hinter den Augen, das sich im Herz-Zentrum widerspiegelt. Das Gemüt agiert vom vierblättrigen Lotos zum Herzzentrum und von da aus in die Welt.

Die Lehrer aus Brahmand, die „Avatare“ steigen auf mit den drei Licht-Strömen, den drei Gunas, die hinter den Augen entspringen. Nachdem sie durch Sahans Dal Kanwal, den tausendblättrigen Lotos hindurchgegangen sind, erreichen sie die zweite Ebene und enden auf der Spitze des Berges Sumer – und sie können nicht höher hinaufgehen. Auf der anderen Seite gehen die Praktizierenden des Tonstroms, bzw. die Heiligen mittels des Tonstroms aufwärts zur ersten Ebene, von da gehen sie abwärts durch eine Art Tunnel zur zweiten Ebene, und von da aus weiter zur dritten und von dort schließlich zu den acht Ebenen, der Radhasoami-Region.

Zwischen den beiden bestehen die drei folgenden Unterschiede:

  1. Die Heiligen erreichen die achte Stufe, wogegen die Brahmand-Avatare nicht über die zweite hinausgehen.

  2. Die Heiligen bedienen sich des Tons, wogegen die Avatare mit dem Licht reisen, oder mit dem Ton von der zweiten Stufe.

  3. Da die zweite Stufe innerhalb des Bereichs von “Kal und Maya” liegt – und die Hüllen aller drei Körper, also die physische, die astrale und die kausale nicht abgelegt werden können, bis die dritte Ebene erreicht ist – sind die Seelen der Avatare daher nicht so standhaft gegenüber Versuchungen. Und deshalb kommen sie immer wieder in gewissen Zeitspannen in die Welt.

Da die Seelen der Heiligen von allen Unreinheiten von Kal und Maya oder Brahm gereinigt sind, schreiten Ihre Seelen daher fort und erlangen von Stufe zu Stufe immer mehr Kraft, bis sie in der achten Stufe mit dem Höchsten Sein verschmelzen, mit Ihm Eins werden.

So wirst du also verstehen, dass Sie nie zurückkehren. Alle Religionen der Welt – Yogis, Yogeshwars, Gyanies, Propheten, Inkarnationen etc. eingeschlossen – enden auf der zweiten Stufe. Demut und Bescheidenheit werden der Seele auf der Inneren Reise manchmal gefährlich, wenn man seine Aufgabe rasch erledigen muss, da es möglich ist, dass uns der individuelle Geist irreführt zu seinen eigenen Gefilden und unseren weiteren Fortschritt aufhält – genauso wie in dieser Welt. Meide also jene, die dazu neigen, dich aufzuhalten.

Volles Vertrauen – ohne jedwedes Schwanken – erlangt man nicht, ehe das Karma weggewaschen ist, was sich auf der zweiten Ebene vollzieht.

Ich freue mich sehr über die von dir gestellten Fragen, weil sie sich alle auf die Tonpraxis beziehen.

Mit Liebe und Segen und herzlichem Radhasoami
an dich und alle Satsangis.

Mit herzlichen Grüßen

Sawan Singh