Du klagst, dass dein Gemüt während der Übungen umherwandert

27. März 1920

Liebe Tochter,

deine beiden Briefe vom 13. November und vom 26. Dezember 1919 liegen vor mir. Du tust gut daran, wenn du dich von spiritistischen Medien fernhältst; und wie du darüber denkst, ist auch richtig.

Diese Phänomene sind natürlich aus dem Bereich des Gemüts, nicht spirituell – obwohl sie aus Unkenntnis als spirituell bezeichnet werden. Was solche Medien benützen, entstammt der Kraft des Gemüts, nicht der Kraft der Seele, und was auf ihren Anruf hin reagiert ist das Universale Gemüt, Brahmandi Man. Ihre Tätigkeit ist auf die niederste Ebene beschränkt, wo die Seelen – außer der groben physischen – noch all ihre Hüllen besitzen. Welche Kraft steht ihnen zu Gebote, eine Seele aus der höchsten Freude zu rufen – selbst aus spirituell-materiellen Regionen – um sie mit weltlichen Fragen zu beschäftigen; und wie können sie einen verstorbenen Verwandten rufen, der sich schon in den meisten Fällen in irgendeinen physischen Körper reinkarniert hat? Das sind alles kindische Tricks. Die Botschaften, die an Mrs. … enthüllt wurden, sind reiner Unsinn. Deine Ansicht ist völlig richtig. Ein Schüler unseres Weges hat es nicht nötig, sich um solche spiritistischen Medien zu kümmern, denn er kann so etwas zu gegebener Zeit selbst schauen und auf Ebenen gelangen, die weit höher liegen, als sich die Spiritisten je erträumt haben.

Es schadet nichts, anderen meine Briefe teilweise vorzulesen. Ich werde es dich wissen lassen, wenn die geeignete Zeit für dich gekommen ist, Indien zu besuchen.

Bitte konzentriere deine Aufmerksamkeit am Augenbrennpunkt, wenn du die Heiligen Namen wiederholst. Sobald deine Konzentration stärker wird, werden viele Geheimnisse für dich gelöst sein. Wenn sich deine Seele am Augenbrennpunkt konzentriert und nach Innen wendet, wirst du mehr Licht und mehr Wissen erfahren. Einsamkeit bringt Frieden und hilft dem Spirituellen Fortschritt. Du klagst, dass dein Gemüt während der Übungen umherwandert. Darüber beklagt sich in den Anfangsstadien nahezu jeder Schüler. Das Gemüt findet Vergnügen darin, ziellos umherzuschweifen und liebt es nicht, seine Freiheit aufzugeben, solange es nicht zum Ausgleich für den gegenwärtigen Genuss zu noch höheren Freuden gelangt ist. Doch ständiges Üben wird es zwingen, seine früheren Gewohnheiten aufzugeben.

Kal gestattet uns nicht, sich in seine Aufgaben einzumischen, und dein Grundsatz, Leiden dann zu lindern, wenn es auf uns zukommt, ist unter den Umständen am zweckdienlichsten. Ein Schüler erzählte mir einmal, dass er Zeuge wurde, wie eine große Menge Ameisen im Begriff war, einen dicken Wurm zu Tode zu beißen. Er hatte Mitleid mit dem Geschöpf, befreite es von diesen Tyrannen und brachte den Wurm außer Reichweite. Als er danach seine Meditationen aufnahm, begannen diese Ameisen (in subtiler Form) in seine Füße zu beißen, und zeigten ihm so, dass sie sich nun rächten, denn es wäre nicht seine Aufgabe gewesen, sich einzumischen.

Mrs. … scheint sich Sorgen zu machen, dass sie in einer nur kurzen Zeit durch die Meditationen nur wenig Fortschritte gemacht hat. Der erste Schritt ist, das Gemüt daran zu gewöhnen, sein Umherwandern – zumindest während des Sitzens – aufzugeben und sich am Augenbrennpunkt zu sammeln. Solange das nicht erreicht ist, kann man nicht erwarten, irgendeinen Lichtschein aus den feinstofflichen Regionen zu erhaschen, was vom Augenbrennpunkt an aufwärts beginnt. Wenn jemand im unteren Stockwerk eines Hauses sitzt, kann er nicht hoffen, etwas vom höheren Stockwerk zu sehen, es sei denn, er macht sich die Mühe und nimmt sich die Zeit, hinaufzusteigen. Aber Mrs. … braucht nicht zu verzweifeln, denn alles wird zu seiner Zeit kommen, man sollte nur dabei bleiben.

Es tat mir Leid, als ich von deiner Krankheit las. Der Heilige Ton ist die einzige Medizin für alles Karma.

Du brauchst nicht beunruhigt zu sein was die Frage angeht, Pelze zu tragen. Kal hat es in dieser Welt so eingerichtet, dass es unmöglich ist zu entkommen. Wer keine Pelze trägt, muss stattdessen auf vielerlei Weise tierisches Leder benützen. So scheint der Weg lang und voller Schwierigkeiten zu sein, und niemand kann hoffen, irgendeinen Fortschritt zu machen, es sei denn, er vertraut sich der barmherzigen Führung und dem Schutz des Meisters an, Der allmächtig ist, und Dem die Schlingen von Kal und Maya nichts ausmachen.

Mit Liebe und Segen,
herzlichst dein

Sawan Singh