VIII / (iv)
Schriften können die Spiritualität nicht erwecken
Dieser belebende Impuls kann nicht aus Heiligen Büchern abgeleitet werden. So wie Licht von Licht kommt, geht Leben von Leben aus. Eine Seele muss die Lebensimpulse durch die innigen Blicke einer Meisterseele erhalten. Bloßes Buchwissen, ja intellektuelle Entfaltung, kann Spiritualität nicht erwecken. Der Intellekt ist gewiss vollgestopft durch Buchgelehrsamkeit, aber der Geist ist ohne Nahrung. Das ist der Grund, warum jeder von uns so wunderbar über Spirituelle Dinge sprechen kann, aber unser eigentliches Leben verrät wirklich nicht das Geringste davon.
Wir mögen endlos lesen und können es hingebungsvoll Monate und Jahre, ja unentwegt unser ganzes Leben lang tun; aber, o Nanak, dies alles füttert und mästet nur das Ego allein und ist sonst von keinem Nutzen.
Guru Nanak, Asa War M1
Ein lebendiger Geist kann nur durch die lebendigen Impulse einer Meisterseele belebt werden. Man mag einen solchen Menschen nennen wie man will, Er ist jedenfalls eine Notwendigkeit. Jede Religion hat bezeugt, dass eine solche Existenz erforderlich ist.
Wir leugnen nicht die Notwendigkeit äußerer Hilfe in allen unseren objektiven Belangen. Gewöhnlich suchen wir sie bei einem, der in einer bestimmten Sache erfahren ist. Warum sollten wir uns dann schämen, Hilfe zu suchen in einer Sache rein subjektiver Natur – nämlich Hilfe für den Spirituellen Pfad, der unserer äußeren Sicht verborgen und ganz in Geheimnis gehüllt ist?
Wie dankbar sollten wir sein, wenn uns einer in die Inneren Tiefen der subjektiven Welt führen will. Wer auch immer Sich zu den Höchsten Spirituellen Ebenen erhoben hat, die weit über den Gesichtskreis der grob- und feinstofflichen Materie liegen, kann uns Kraft übertragen und uns heil über das Meer der täuschenden Materie geleiten.
Maulana Rumi, ein Moslem-Heiliger, sagt:
Wenn du eine Pilgerreise (zum Göttlichen) machen willst, so nimm einen mit dir, Der sie bereits kennt; es hat dabei nichts zu sagen, ob Er ein Hindu, ein Türke oder ein Araber ist.
Allseitige Entartung ist das Merkmal unserer Zeit. Die buchstäblichen Worte der Schriften ohne den Geist oder die Bedeutung, die hinter ihnen stehen, haben die Stelle des lebendigen Lebens für die meisten von uns eingenommen. In völliger Unwissenheit sind die meisten von uns der Meinung, alles zu wissen, und bieten sich an, andere auf ihre Schultern zu nehmen. So führen Blinde die Blinden und beide fallen in den Graben. Die Welt ist voll von so genannten Lehrern. Solche Lehrer haben die Welt in Unwissenheit getaucht. Diese Geschöpfe der Finsternis, klug in ihrer Einbildung, geben vor, unermessliche Schätze der Gottheit zu verteilen. Sie gleichen einem Bettler, der ein Geschenk von einer Million machen will.
Somit kann ohne einen solchen, Der die Wahrheit des Jenseits in Sich aufgenommen hat, kein Fortschritt auf dem Pfad der Spiritualität gemacht werden.
Der Meister hat gesagt:
Wahrlich, unvergleichlich ist der Mensch, Der die Gottheit kennt. Wenn einer von Tür zu Tür betteln geht, dessen Leben wird verflucht sein und verflucht die Gemeinschaft, zu der er gehört.
Guru Amar Das, Bihagra War M3
Und nochmals sagt der Meister:
Wer sich selbst einen spirituellen Lehrer nennt und betteln geht, dem wirf dich nie zu Füßen. Ein Wahrer Meister verdient Seinen Lebensunterhalt Selbst und teilt ihn mit anderen. O Nanak! Nur ein solcher kann den Weg zu Gott kennen.
Guru Nanak, Sarang War M1