Ein idealer Landwirt

Guru Nanak war freiheitsliebend und verbrachte Seine Jugend in der Freiheit des Bauerngutes und an der freien Luft des Landes. Als Er älter wurde, reiste Er weit und breit und ermahnte die Menschen, ihren Geist von herkömmlichen Gedanken und gewöhnlichen Vergnügungen zu befreien.

Nach der Rückkehr von Seinen weit reichenden Reisen ließ Er sich bei Kartapur als Landwirt nieder. Er war ein wahrer Sohn der Erde, ein leidenschaftlicher Bauer, der schon viel härtere Dinge als Erde kultiviert hatte – das Gemüt und den Verstand usw. Nach der Menschen-Bildung und dem Menschen-Dienst befasste Er sich mit dem Land-Dienst, denn Gras anzusäen und Ähren tragendes Getreide aufzuziehen, galt Ihm viel mehr als die bloße Arbeit eines Priesters oder Predigers. Er gab ein Beispiel harter Arbeit, indem Er die unfruchtbaren Ländereien von Kartapur kultivierte und von diesen Produkten die Armen und Bedürftigen ernährte.

Er führte in Kartapur die Einrichtung des langar, das System einer freien Gemeinschaftsverpflegung, ein, wo Brot und Suppe frei verteilt wurde an alle, entsprechend den Bedürfnissen eines jeden. „Der Herr war Brot“, erklärte der Guru, „und das Brot, das der Herr gab, war Sein Parshad – Gott-gegeben.“ „Brot und Wasser gehören dem Guru“, so sprachen Ihm Seine Anhänger nach. Und der Guru sagte, dass der Geliebte in den Menschen sei. Seine Schüler kamen von weitentlegenden Orten wie Belutschistan, Afghanistan und Zentralasien und umfassten unter anderem Brahmanen und Sufis, die hohe Kaste der Kschatrijas und die niedere Kaste der Chandalas, die Sidhas und die Naths. So war Seine Anhängerschaft eine bunte Mischung aller Arten von Menschen, miteinander verbunden in den Banden liebevoller Ergebenheit für die Heilige Sache und miteinander wetteifernd in der Arbeit der Liebe für die Gefallenen und Unterdrückten. Nanak, ihr Spiritueller Vater, war nun vorgerückten Alters, ging aber noch täglich zu Fuß umher, arbeitete auf der Farm, sang Hymnen auf Naam und verströmte den Segen der Liebe. Der Guru war ein lebendes Bild der Demut, und Seine Anhänger arbeiteten im Geist der Ergebenheit als demütige Diener des Herrn, verehrten Gott ohne Prunk oder Zurschaustellung in der Stille der Natur.

Von Kartapur aus verbreitete sich das Feuer der Liebe zu Gott und der Liebe zu den Menschen über den ganzen Punjab. Guru Nanaks Antlitz leuchtete vor Einfachheit und Heiterkeit, die aus der Heiligkeit in Ihm herrührte. Er war ein Arbeiter, ein Landmann auf eigenem Boden, ein Diener der Armen und Niedrigen.

Das Leben in Kartapur war eine Mischung von bereitwilliger Arbeit und Verehrung, von Liebe und Dienen, von Schweigen und Singen.

Als Nanak einmal von Seinem Vater gefragt wurde, was wahrer Ackerbau sei, erwiderte Er:

Der Körper ist das Ackerfeld, das Gemüt die Pflugschar und Bescheidenheit das lebensspendende Wasser für das Feld.

Ich säe den Samen des Göttlichen Naam in das Feld des Körpers, das durch Zufriedenheit eingeebnet und mit Furchen versehen ist, und nachdem die verkrusteten Erdklumpen des Stolzes zu wahrer Demut zerstäubt wurden.

In einem derart vorbereiteten Erdboden wird die Saat der Liebe gedeihen, und in der Wohnstatt der Wahrheit sitzend erblicke ich die Herrlichkeit Gottes in der reichen Ernte vor mir.

O Vater!

Geld und Gut begleiten keinen Menschen. Die Welt ist getäuscht durch den Zauber der Reichtümer. Es sind nur wenige, die der Täuschung mit Hilfe der Unterscheidungskraft und der Weisheit entrinnen.

Guru Nanak hatte eine tief verwurzelte Neigung für Stille. Er versenkte sich oft in die Stille Gottes – des Sat Naam, des Ewigen Wortes –, in die Stille der Natur, eine Stille, die in dem bestirnten Himmel widerscheint, in einsamen Hügeln wohnt und in fließenden Bächen murmelt, und in die Stille des Sangat Sewa, des anspruchslosen Dienstes an der Gemeinschaft der Gläubigen und der Sewaks – Selbstlose Diener –, die bei dem Guru blieben und die Er stets als Bhais – Brüder – ansprach.