Kapitel VII

Dhyan – Kontemplation

Dhyan ist ein Sanskrit-Wort, das von der Wurzel Dhaye abgeleitet wird, was bedeutet, über eine Form zu kontemplieren, sich an sie zu erinnern, sie zu wiederholen, über sie nachzudenken, und die Seelenströme an ihrem Sitz zu sammeln. Dhyan bedeutet sowohl Sehen als auch Denken. Die Aufmerksamkeit an irgendeinem Punkt zu fixieren, wird auch Dhyan genannt. Dies führt dazu, dass man Spirituelle Szenen, Licht und Strahlung sieht. Wenn diese Phänomene nicht erscheinen, kannst du davon ausgehen, dass der Dhyan nicht erfolgreich war.

Viele Leute behaupten, dass sie über den alles durchdringenden Herrn kontemplieren. Die Allgegenwart ist eine Qualität des Himmels – Äther. Ihre Kontemplation ist die des Äthers. Solange die Innere Sicht nicht erwacht ist, werden die Spirituellen Szenen nicht betrachtet.

Ein Mensch kann nicht leben, ohne irgendeine Form der Kontemplation durchzuführen. Mit was auch immer für einer Berufung einer beschäftigt ist, er denkt darüber nach, bevor er zu Bett geht, und bildet geistige Bilder davon. Simran und Dhyan sind voneinander abhängig. Wir denken an die Welt und kontemplieren über ihre Formen, mit dem Ergebnis, dass wir wieder und wieder in diese Welt kommen.

Es stellt sich die Frage, an was einer denken sollte, so dass er nicht in diese irdische Sphäre zurückkehren muss.

Kabir Sahib schlägt vor:

Führe solch eine Kontemplation durch, welche die Seelenwanderung beenden wird.

Was ist so ein Dhyan?

Die Sikhs Schriften erklären, dass Dhyan bedeutet, die Göttliche Melodie zu erkennen und auf sie zu hören. Des Gurus Shabd – Wort – ist auch als Dhyan bekannt. Dieser Shabd ist die Ungespielte Musik, die das Universum schuf. Dhyan ist der zweite Schritt der Spirituellen Leiter und wird durch Simran geboren.

Solange ein Mensch Gott nicht gesehen hat, wie kann er über Seine Form kontemplieren? Gott ist Shabd. Er ist Liebe. Es ist eine Sprache des Schweigens. Derjenige allein erreicht Ihn, der Ihn liebt. In erster Linie ist es notwendig, dass wir einen Meister kontaktieren sollten, Der Shabd und Liebe verkörpert ist; Welcher Selbst im Herrn aufgegangen ist; Welcher nicht länger ein Tropfen, sondern der Ozean geworden ist. Die Seele ist in dem Herrn, und der Herr ist in der Seele. Daher sollten wir, solange wir den Herrn nicht sehen, über die Form eines Gottmenschen kontemplieren.

Immer wenn wir die Augen schließen, erblicken wir Schauplätze der Welt wie Familie und Kinder, Heim und Herd, Reichtum und Besitz; wir verweilen ständig bei der Welt und ihren Objekten mit dem Ergebnis, dass jede Zelle unseres Gemütes in sie vertieft ist. Es ist aus diesem Grund, dass wir fest an die Welt gebunden sind.

Wir wissen nicht, wie wir über die Form des Herrn kontemplieren sollen. Der Eine, über welchen wir kontemplieren müssen, ist jenseits der drei Welten. Solange wir Ihn nicht treffen, über wen sollen wir kontemplieren?

Betrachten wir die Objekte dieser Welt, um herauszufinden, was unserer Kontemplation würdig ist. Die ganze Welt besteht aus fünf Elementen, nämlich Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther.

Dementsprechend wird alles in dieser Welt in fünf Teile gegliedert.

  1. Jene Wesen, die alle fünf Elemente aktiv in sich haben. In dieser Kategorie sind alle Menschen.

  2. Diejenigen, die vier Elemente in sich tätig haben, nämlich Erde, Wasser, Feuer und Luft. Diese Kategorie bezieht sich auf Vierbeiner.

  3. Diejenigen, die nur drei Elemente aktiv in sich haben, nämlich Wasser, Feuer und Luft. Dies ist die Kategorie der Vögel.

  4. Diejenigen, die zwei Elemente, nämlich Feuer und Luft aktiv in sich haben. Zu dieser Kategorie gehören Reptilien, Echsen und dergleichen.

  5. Diejenigen, die nur ein Element – Wasser – vorherrschend in sich haben. Diese sind die Mitglieder des Pflanzenreiches.

Wenn ein Mensch, in dem alle fünf Elemente aktiv sind, sich auf die Formen konzentrieren würde, in denen ein, zwei, drei oder vier Elemente vorhanden sind, würde er auf ihre Stufe herabsinken, denn über was auch immer man kontempliert, dass wird man. Ist es daher wünschenswert, dass ein Mensch über die Form eines Menschen kontemplieren sollte? Wenn ja, warum? Wir werden es anhand eines Beispiels erklären:

Ein Raum enthält eine Reihe von Radiogeräten. Nur die Geräte, die mit Batterien oder einem elektrischen Strom verbunden sind, erhalten die Nachrichten. Diejenigen, die getrennt sind, erhalten sie nicht. Ebenso sind nur solche Menschen, welche ihre Innere Sicht geöffnet haben und in der Gemeinschaft mit dem Herrn sind, jene, welche unserer Anbetung und Betrachtung würdig sind.

Daher betonen die Sikh- und andere Schriften die Notwendigkeit der Kontemplation über die Form eines Meisters, Der Eins mit dem Herrn ist. Solch eine Lebensweise dient einem wertvollen Nutzen.

Gott ist im Meister offenbart, denn der Meister ist Gott in menschlicher Gestalt. Daher ist die Kontemplation über den Meister wirklich die des Herrn, und Seine Verehrung ist Wahrer Dienst am Herrn.

Die Höchste Form der Kontemplation ist die über Gott, oder unser Bewusstsein mit Shabd zu verbinden, welcher der Waltende Gott ist; und auf Ihn zu hören, ist Kontemplation über den Menschen, in Welchem Gott offenbart ist. Die Kontemplation über Gott ist unmöglich, denn wir haben Ihn nicht gesehen. Deshalb sollten wir zuerst über die Form des Meisters kontemplieren, weil wir Ihn sehen können und indem wir über Ihn kontemplieren, werden wir befähigt, uns mit Naam zu verbinden.

Die Kontemplation über die Form des Meisters mag damit verglichen werden, dass man eine leuchtende Glühbirne sieht, bei der man zuerst das Licht wahrnimmt, welches sehend man das Glas, das es enthält, vergisst.

In den anfänglichen Stufen von Simran, ist die Kontemplation über die physische Form des Meisters notwendig. Danach kontempliert der Schüler über die Strahlende Form des Meisters, welche mit ihm in den Spirituellen Ebenen verbleibt. Diese Form geht anschließend in Shabd, Ihrer Wahren Gestalt, auf.

Theosophen sagen:

Die Meister-Seelen haben Ihre Ausstrahlung auf weitgehende Spirituelle Ebenen ausgebreitet.

Mit der Manifestation der Strahlenden Form, ist des Schülers Hingabe zur Hälfte vollendet. Wenn die Strahlende Form im Innern erscheint, sollte der Schüler seine Aufmerksamkeit so sehr auf Sie richten, dass er vollständig mit dieser Form verschmilzt und nicht mehr zwischen sich und dem Meister unterscheiden kann.

Ich bin zu Dir geworden, und Du zu mir. Ich bin ein Körper geworden und Du bist meine Seele geworden, mein Leben, so sehr, dass keiner sagen kann, dass wir ein getrenntes Dasein haben.

Shamaz-i-Tabrez

Entsprechend der Schriften, die von der Seele handeln, verschmelzen der Schüler, das Lehrfach1 und die Gottheit alle zu einer Einheit, wenn der Verlauf der Kontemplation vollendet ist. Der Verehrte und der Verehrer werden Eins, so wie die Raupe ein Schmetterling wird und ihre eigene Identität verliert. Ein solcher Zustand – Fana-fil-Sheikh – ist als das Aufgehen im Meister bekannt.

Aber der Meister ist bereits im Herrn aufgegangen – Fana-Fillah –, mit dem Ergebnis dass auch der Schüler in Ihm aufgeht. Mit was auch immer du dich beschäftigst, zu dem wirst du.

Ein Bauer suchte einen bestimmten Heiligen auf und der Heilige fragte Ihn:

Wen liebst du?

Er antwortete, dass er seinen Büffel liebte. Was immer du liebst, das Nachdenken darüber beruhigt das Gemüt. Binnen kurzem begannen sich seine Gedanken zu konzentrieren und da er bei dem Büffel verweilte, nahm er mental seine Form an. Darauf öffnete der Heilige die Tür des Zimmers und bat den Bauern durch sie hinauszukommen.

Der Bauer antwortete:

Wie kann ich durch diese schmale Öffnung kommen? Meine Hörner sind zu groß, um hindurchzugehen.

Das ist die Macht der Kontemplation!

In der Gita sagt Lord Krishna:

Ich erinnere mich auf dieselbe Art und Weise, in der ich erinnert werde. Wer auch immer über eine Form nachdenkt und sie mit Vertrauen verehrt, nimmt diese Form an.

Wiederum,

Diejenigen, die sich nach mir sehnen, sie kommen und gehen in mir auf.

In der Kathupanishad wurde der Körper des Menschen mit einem Pferdewagen verglichen, von dem die Sinne die Pferde sind. Wie unberittene Pferde laufen sie immer den Sinnesfreuden hinterher. Das Gemüt ist das Zaumzeug und die Sicherheit liegt darin, es zu zügeln und es unter Kontrolle zu halten, was jedoch nicht so einfach ist. Die Gita sagt, dass das Heilmittel darin liegt, das Gemüt dazu zu bringen, über die Form des Meisters zu kontemplieren.

Ergebe dich Mir von ganzem Herzen und nehme Zuflucht in Mir. Indem du das Gemüt auf diese Weise sammelst, stoppe sein Hinausgehen und seine Wanderungen.

So wie wir nicht die Mauer einer Festung erklimmen können, ohne die Hilfe einer Leiter; genauso können wir den Herrn nicht ohne die Kontemplation über den Meister erreichen. Es ist Konzentration, die uns vom Physischen zum Astralen, vom Astralen zum Kausalen und über das Kausale hinaus zum Herrn nimmt.

Die Strahlende Form des Meisters manifestiert sich nur in reinen und aufrichtigen Herzen. In einem unreinen Herzen kann sie einfach nicht wohnen.

Hafiz sagt:

Die reine Form des Geliebten kann nur durch reine Augen gesehen werden. Schaue Ihn mit reinen und eindringlichen Augen – wie ein Moslem den Himmel am Id-Vorabendabsucht. Es ist nicht jedes Auge, welches die Strahlende Form eines Wahren Meisters erblicken kann. Es ist das Vorrecht von seltenen und glücklichen Wenigen.

Die Upanishaden sowie die Bhagavad Gita sagen:

Die Reinheit des Geistes und seine Sauberkeit werden als wesentliche Voraussetzungen für Kontemplation und Meditation angesehen.

Die Reinheit muss sowohl innerlich als auch äußerlich sein. Die äußere kommt zuerst, und später, mit Übung, kommt die Innere. Diejenigen, die niederträchtig sind und deren Gemüt ruhelos ist, können niemals in der Kontemplation Erfolg haben, und werden Schmerz und Entbehrung erleiden. Solange die Kontemplation über die Form des Meisters nicht erreicht wird, können sich die Seelenströme nicht im Innern sammeln.

Die kontemplative Fähigkeit der Seele wird Nirat genannt, sprich die sehende Fähigkeit der Seele. Die Seele hat zwei Fähigkeiten. Eine davon ist Surat, was die hörende Fähigkeit bedeutet, und die andere ist Nirat, was die sehende Fähigkeit bedeutet. Solange die sehende Fähigkeit nicht entwickelt wird, gewährt das bloße Hören auf den Shabd nicht den größtmöglichen Nutzen. Indem man die Aufmerksamkeit im Innern fixiert, ist man in der Lage, viele Spirituelle Regionen zu schauen. Solange die sehende Fähigkeit sich nicht entwickelt, steigt die hörende Fähigkeit der Seele nicht zu höheren Ebenen auf. Indem wir die sehende Kraft der Seele entwickeln, erlangen wir Dhyan. Und es ist das allein, was uns zur Wahren Erkenntnis führt.

Die Macht der Kontemplation ist angeboren und natürlich. Selbst die Schildkröten und die Schwäne sind dafür bekannt, große Kräfte der Kontemplation zu besitzen. Es wird gesagt, dass sie durch Kontemplation ihre entfernt gelegten Eier ausbrüten.

Unter Hindus wird das Betrachten der aufgehenden Sonne als ein Mittel zur Kontemplation angesehen. Manche Menschen verweilen bei den Bildern der alten Heiligen. Dies ist die Kontemplation über materielle und leblose Dinge. Beim Dhyan mag man Bilder mit Rahmen sehen, aber diese können einen nicht nach oben führen. Beides, Bilder und Idole sind leblos. Sie können einen nicht nach oben ziehen. Daher kann uns ein Bild nicht hinauf ziehen. Er allein kann uns zu den Spirituellen Regionen ziehen, Der sie selbst oft besucht. Die Kontemplation über die Form der alten Heiligen kann uns wenig Gutes bringen. Die meisten Bilder dieser Heiligen sind nicht lebensecht und sind bloße Hirngespinste der Phantasie. Die Anbetung des Leblosen ist in den Heiligen Schriften verboten.

Die Bilder der Heiligen helfen dabei, ihre Erinnerung am Leben zu halten, aber sie sind nicht in der Lage, uns das zu geben, was ein Lebender Meister kann.

Tulsi Sahib geht so weit, zu sagen:

Selbst wenn du ein Bild von einem Wunschbaum machen solltest und zu ihm tausendmal beten solltest, würdest du nichts gewinnen.

Er sagt weiter:

Wenn du anstelle eines Geldverleihers sein Bild in seinem Laden platzierst, kann es niemals seine Aufgaben erfüllen.

Die amerikanische Zeitung von New York vom 30. März 1933 meldet ein neu erfundenes Instrument, welches von einer Fotografie bestimmen kann, ob die Person gestorben ist, seitdem das Porträt aufgenommen wurde.

Die Zeitung fügt hinzu: Es erkennt die Bewegung der ‚Lebens-Wellen‘ oder ‚Z-Wellen‘ auf einer photographischen Platte, und von der Stille dieser Wellen nach dem Tod der Zielperson wurde heutzutage von E. S. Shrapness-Smith, einer Autorität der Chemie, berichtet.

Er sagte:

Das Leben strahlt, wie eine Radiostation, eine eigene Art von Wellen aus. Diese menschlichen Wellen werden auf eine photographische Platte übertragen und dort festgehalten. Während das Subjekt der Fotografie lebt, ist die Bewegung der Wellen lebendig. In dem Moment, in dem der Mensch stirbt, egal wie weit entfernt von der Fotografie, hören die Lebenswellen auf, von der Platte auszugehen. Ich bin gegenwärtig nicht in der Lage zu offenbaren, woraus das Instrument besteht. Aber es basiert auf und hängt ab von:

    • Strahlung;
    • Magnetismus;
    • statischer Elektrizität und
    • elektrischem Strom.

Es gibt daran nichts Psychisches oder Geheimnisvolles. Es ist das Ergebnis einer neuen Anwendung der Gesetze der Wissenschaft.

Dies beweist, dass die Bilder oder Fotografien von Heiligen, die heute nicht lebendig sind, uns nicht helfen werden. Ein weiterer Faktor ist, dass die meisten Bilder von Heiligen, die längst verstorben sind, nicht exakte Repliken sind, sondern meist das Ergebnis der Phantasie der Künstler, die sie angefertigt haben. Außerdem ist die Anbetung einer leblosen Sache verboten. Die Bilder oder Fotografien von einem Heiligen erinnern uns sicherlich an unseren Meister, aber sie können uns nicht mehr geben. Es ist nur der Lebende Meister, Der uns Seine Gnade gewähren kann.

Unter muslimischen Heiligen werden viele Übungen verwendet, um die Sehende Fähigkeit der Seele – Nirat – zu entwickeln. Sie werden Nazri oder Basri genannt, nämlich bezogen auf das Augenlicht.

Sie nennen diese Shughal oder Übung. Die Wohlbekannten unter ihnen sind:

  1. Shughal-i-Aftabi – In dieser wird die Aufmerksamkeit auf die aufgehende Sonne fixiert, und es wird am besten im Winter durchgeführt. Man erlangt übernatürliche Kräfte. Unter den Hindus ist diese Praxis als Tratak Dhyan bekannt.

  2. Shughal-i-Mansur – In dieser liegt ein Mensch flach auf seinem Rücken auf dem Boden, mit dem Gesicht nach oben gedreht. Er entspannt seinen ganzen Körper und fixiert seine Aufmerksamkeit im Innern am Augenzentrum. Die Yogis nennen es Shavasan.

  3. Shughal-i-Barzakh-i-Akbar – In dieser wird, während der Atem kontrolliert wird, die Aufmerksamkeit am Dritten Auge fixiert. Viele muslimische Heilige praktizieren diese Übung, welche auch eine Lieblingsmethode des Propheten Mohammed war. Diese ist äquivalent zur Kontemplation über Trikuti – die zweite Stufe der Spirituellen Überführung – und wird durchgeführt, während man im Padam Asan sitzt.

  4. Shughal-i-Barzakh-i-Kabir – Bei dieser wird die Sehende Kraft der Seele im Innern und im Äußern auf die Form eines Meisters fixiert. Als Ergebnis der Übung ist man in der Lage, bestimmte übernatürliche Kräfte zu erreichen und auch verborgene Geheimnisse aufzulösen.

  5. Shughal-i-Isme-Zat – In dieser heftet der Schüler seine Aufmerksamkeit auf das Licht im Innern und ist so in der Lage, in sich selbst einzutauchen.

  6. Shughal-i-Iena – In dieser wird ein Spiegel vor den Übenden platziert. Er heftet seine Aufmerksamkeit auf die Pupillen seiner eigenen Augen, wie sie im Spiegel reflektiert werden. Indem er unverwandt schaut, drehen sich die Pupillen seiner Augen nach innen, und er erhält Zugang zu Nukta-i-Sweda oder dem Dritten Auge.

  7. Shughal-i-Nim-Khwabi – In dieser muss man seine Augen ständig offen halten, um den Schlaf zu vermeiden. Das Ergebnis ist, dass ein Mensch selbst im Schlaf halb wach bleibt.

  8. Shughal-i-Basait – In dieser muss die sehende Kraft der Seele, Nirat, am Augenbrennpunkt gesammelt werden.

  9. Shughal-i-Mukaman Mahmudan oder Shughal-i-Sultanan-Nasira – In dieser werden die Augen auf die Nasenspitze fixiert, und die Aufmerksamkeit wird dann schrittweise zur Nasenwurzel geführt. Letztlich geht die Aufmerksamkeit nach Innen und erlangt Eintritt in die Spirituellen Regionen. Die Yogis nennen es Chachari Mudra.

Die Art und Weise, diese Übungen durchzuführen, kann nur von einem Meister gelernt werden. Wenn man sie allein ausübt, sind sie gefährlich.

Von all den Übungen ist Shughal-i-Barzakh-i-Kabir, in welcher über die Form des Meisters sowohl im Innern als auch im Äußeren kontempliert wird, die Beste. Die Form des Meisters nimmt den Praktizierenden zu den Inneren Bereichen und bleibt für immer mit ihm.

Die anderen Übungen nehmen einen nur bis zur Astralen Region oder der Kausalen Region, aber nicht darüber hinaus.

Im Dhyan Yoga sind drei Arten der Kontemplation aufgezählt:

  1. Asthool – materiell;
  2. Sukshm – feinstofflich oder astral;
  3. Noori – leuchtend oder strahlend.

Das Bild eines Meisters zu betrachten ist die asthool oder materielle Übung. Wenn die Seelenströme sich hinter den Augen an einem Punkt zwischen den beiden Augenbrauen sammeln und dort das Licht einer Lampe sehen, und die sehende Kraft der Seele auf die Lampe fokussiert wird, ist diese Übung als sukshm oder feinstoffliche Methode der Kontemplation bekannt. Wenn die Aufmerksamkeit auf die Kundalini geheftet ist und diese erwacht ist, sammeln sich die Seelenströme, indem sie den Körper verlassen, am Augenbrennpunkt und die Seele, die aufwärts steigt, erhebt sich in die strahlenden Regionen. Diese bilden den noori oder den leuchtenden Dhyan. Indem man diesen praktiziert, ist man in der Lage, seinen Astralkörper zu erblicken.

All diese Eigenschaften und Vorteile erwachsen durch die Kontemplation über die Form eines Lebenden Meisters, in Körper und Fleisch. Der Meister lebt in der physischen Welt durch Seine physische Form. Durch die astrale Form erhält Er Zugang zu den astralen Regionen und durch die kausale Form bewegt Er Sich in der leuchtenden oder kausalen Region. Dieses Strahlen ist die Manifestation der Wahrheit. Durch die Betrachtung dessen, erreicht man die Höchste Spirituelle Entwicklung.

Kabir sagt:

Kontempliere mit jedem Atemzug über die Form deines Geliebten. Das Geschenk der menschlichen Form ist einzigartig. Zögere nicht diese Praxis durchzuführen.

Khusro, ein ergebener Schüler seines Meisters sagte:

O du berühmter Künstler Chinas, schaue auf meinen Geliebten! Male entweder eine exakte Replik Seiner Schönheit oder gebe deine Kunst auf.

So wie ein kleines Kind auf ein Objekt mit einem festen Blick sieht, ohne mit seinen Augen zu blinzeln, so solltest du dich daran gewöhnen, unverwandt auf das bewundernswerte Gesicht deines Meisters zu blicken. Dann sieh, wie deine Zweifel verschwinden und wie du die Wirklichkeit anziehst. Durch das tägliche Praktizieren dieser Methode wird der Schüler furchtlos. Würde ein solcher Mensch auf eine Schlange oder einen Löwen schauen, würde Letzter ihn nicht angreifen. Das Dritte Auge eines Menschen übt unermessliche Kraft aus.

Es ist das Tor zu all den höheren Spirituellen Bereichen. Durch den Satsang kann diese Praxis entwickelt werden. Es ist der erste Schritt auf unseren Reisen durch die Spirituellen Regionen. Um Spirituellen Reichtum zu erhalten, müssen wir zu einem Lebenden Meister gehen und über Seine Form kontemplieren. In den Sikh-Schriften werden allein ein Lebender Meister und Seine Kontemplation als wirklich und vollkommen nutzbringend betrachtet. Die Spirituellen Ströme, die von Ihm ausgehen, sind mit Geistes- und Seelenkraft überladen. Daher versetzt uns Seine Gesellschaft und Kontemplation in die Lage von den Wellen Spirituellen Bewusstseins zu profitieren, die von Ihm ausgehen. Aus diesem Grund hat jeder Sant über die Form Seines Meisters kontempliert, und die Sants werden auch damit fortfahren.

Die Kontemplation über den Meister gewährt viele Vorteile. Durch Reflexion nimmt der Schüler all die Inneren Qualitäten und Tugenden des Meisters auf. Das Gemüt des Meisters ist bewegungslos. Indem er über Ihn kontempliert, wird auch das Gemüt des Schülers still.

Patanjali sagt in den Yoga Sutras:

Die Kontemplation über Menschen, die frei von weltlichen Begierden sind, gewährt Stabilität des Gemütes.

Dann wohnt auch die Erinnerung an den Herrn im Herzen des Meisters. Er selbst schaut das Strahlen des Herrn. Durch Simran und Dhyan beginnt sich der Schüler des Herrn automatisch zu erinnern und wird würdig, wenn er die Inneren Szenerien bezeugt. Die Liebenden von des Meisters Form werden an den Meister gebunden. Sie werden des Körpers vergesslich und auch der Welt.

Der Meister ist frei von Geburt und Tod. Gurumukhs sind die Ergebenen eines solchen Meisters. Einer, dessen Aufmerksamkeit auf die Form des Meisters geheftet ist, einer, der nichts als den Meister liebt – wer kann jemals einen solchen Menschen dazu bringen, in die Welt zurückzukehren?

Einst erkrankte Maulana Rumi aufgrund der Trennung von Seinem Meister.

Sadruddin, ein anderer Heiliger, kam, um sich über seinen Gesundheitszustand zu erkundigen.

Er betete:

Möge Gott deine Gesundheit wiederherstellen.

Darauf erwiderte Maulana Rumi:

Möge dir die Gesundheit willkommen sein. Zwischen dem Liebenden und dem Geliebten, bleibt nur ein dünner Schleier (dieses Körpers). Wünschst du dir nicht, dass dieser Schleier verschwinden sollte und das Licht in der strahlenden Quelle aufgehen sollte?

Er sagte weiter:

Du kennst nicht den König, der in mir sitzt. Schaue nicht auf mein äußeres Gesicht, das hinter Reifen aus Stahl versteckt ist.

Als Khusro vollständig in der Farbe seines Meisters gefärbt war, begannen ihn die Menschen als einen Idol-Anbeter zu verhöhnen.

Er sagte:

Die Menschen sind unwissend über die Wirklichkeit. Sie sagen, dass Khusro ein Idol-Verehrer sei. Lasst sie es so sagen, denn ich kümmere mich nicht um die Welt und ihre Menschen.

Wenn wir die Strahlende Form des Meisters im Innern sehen, ist die Seele in der Lage durch Konzentration eine stabile Position zu halten, und fängt an, auf die Innere Musik zu hören. Auf diese Weise fließt der Naam-Strom und der Ergebene bleibt in der Freude an Ihn versunken. Das Gemüt findet dann mit Leidenschaft Gefallen an Naam.

Je mehr du kontemplierst, desto mehr wirst du den Tonstrom hören und desto größer wird die Anziehungskraft sein, den Er auf die Seele ausübt. Der Tonstrom zieht die Seele in höhere Regionen, und befähigt sie durch Kontemplation dort zu bleiben. Dhyan bringt die Seele zu Spirituellen Regionen im Innern. Auf diese Weise steigt die Seele in diese Regionen auf, aber es ist das Vorrecht eines seltenen Gurumukhs – Wahren Ergebenen eines Vollkommenen Meisters. Diese Kontemplation ist im Inneren Himmel und daher erhält die Seele, die von den Sinnesfreuden, Ängsten und allen anderen Fesseln befreit wird, Zugang zu ihrer wirklichen Heimat.

Simran gewährt Konzentration. Konzentration führt zu der Strahlenden Form des Meisters. Kontemplation befähigt die Seele, dort zu bleiben, und die Göttliche Melodie wird gehört.

In diesem Zusammenhang sagt Hafiz:

Als ich einen Blick auf das edle und charmante Gesicht meines Meisters im Innern hatte, verbeugte ich mich tief und betete: Gott sei gesegnet, dass ich heute Nacht so begünstigt war.

Es ist eine bekannte Tatsache, dass Liebe alles verschönert, was sie berührt.

Laila war von dunklem Aussehen, aber in den von Liebe berauschten Augen Manjus war sie ohnegleichen. Wenn du Laila sehen möchtest, sieh sie mit den Augen Manjus.

Es ist wahr, dass die Liebe einen Geliebten liebreizend macht.

Aber des Meisters Form ist von Natur aus sehr schön. Um ihr die volle Lieblichkeit zuzufügen, ist Er nicht von der unvollkommenen Liebe der Menschen abhängig, noch bedarf Er künstlichen Hilfsmitteln wie Farben und Düften.

Die Strahlende Form des Meisters wohnt in jedem Wahren Schüler. Wenn sich die Seele von außen zurückzieht und nach Innen geht, die Sterne, die Sonne und den Mond überquert, schaut sie Seine Strahlende Form. Es ist diese Ausstrahlung, die sowohl der Sonne als auch dem Mond Licht schenkt. Wer auch immer nach Innen geht, sieht Seine wundersame Form.

Wir sind höchst erstaunt, wenn wir Beschreibungen von der schönen physischen Form des Meisters hören, aber wenn wir Ihn im Innern manifestieren, werden wir ihn tausendfach schöner empfinden.

An den Herrn gerichtet, sagt Hafiz:

O Geliebter, ich habe viele Geschichten über Deine wundersame Schönheit gehört; aber jetzt, da ich Dich im Innern sah, sehe ich, dass Du wirklich tausendmal schöner bist, als die Geschichten Dich beschreiben.

Schließe deine Augen und du wirst nichts als Dunkelheit im Innern finden. Diese Dunkelheit ist noch stärker ausgeprägt als eine völlig mondlose Nacht. Wenn die Seele, sich von außen zurückziehend, nach Innen geht, werden die Sterne, die Sonne und der Mond sichtbar. Hinter ihnen erscheint die Strahlende Form des Meisters. Der Meister kommt nicht heimlich, sondern Lichtblitze gehen von Seiner Strahlenden Form in einer solchen Weise aus, dass die Seele unaufhaltsam zu Ihr hingezogen wird. In Wirklichkeit geht diese Szene über jede Beschreibung hinaus.

Hafiz hat versucht, diese Innere Vision zu schildern, aber wie kann man beschreiben, was unbeschreiblich ist?

Er sagt:

Die ganze Nacht erfüllte Seine Strahlung mein Herz mit Licht. Was für einer kühner Dieb ist Er, der in der Dunkelheit kommt, aber mit was für einer Aura von Glanz kommt Er!

Die Kontemplation über des Meisters Form ist wundersam lohnend. Diejenigen, die an des Meisters Form denken, erlangen Ehre und Ruhm im Hier als auch im Jenseits. All ihre Wünsche werden erfüllt. Durch das Aufgehen im Meister erlangen sie Gottverwirklichung.

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Fußnote: 1) Sant Mat. 2) Am Id-Vorabend begehren die gläubigen Moslems es, den geozentrischen Neumond des islamischen Monats Dhu-l-Hiddscha zu sichten. An dieser Stelle wird auf die Sehnsucht Bezug genommen, die jeder gläubige Moslem hat, um die Mondsichel als erster zu erblicken. Mit dem Id-Vorabend beginnt das Du l-Adha – oder auch Eid al-Adha geschrieben –, welches das höchste islamische Opferfest ist. Auf der ganzen Welt werden an diesem Fest multimillionen Tiere geschlachtet, oft sogar in den Badewannen der Wohnungen. In Deutschland kann beantragt werden, dass aus religiösen Gründen ohne Betäubung geschlachtet werden darf, obwohl dies sonst nicht erlaubt ist. Der eigentliche Hintergrund dieses Festes ist jedoch die Opferbereitschaft Abrahams gegenüber Gott.