Kurze Lebensskizze von

Shiv Dayal Singh
1818–1878

Soami Ji

Shiv Dayal Singh war ein Großer Heiliger aus Agra, meist bekannt als Soami Ji Maharaj. Er war der Guru von Baba Jaimal Singh aus Beas.

Er ließ die Lehren von Kabir Sahib und Guru Nanak Sahib wieder aufleben und erklärte sie dem allgemeinen Volk in sehr einfacher Sprache. Der Guru von Soami Ji Maharaj (Shiv Dayal Singh) war Tulsi Sahib (1763–1843) aus Hathras, Der Ihm Seinen spirituellen Mantel übergab. Tulsi Sahib war Schüler und spiritueller Nachfolger von Ratnagar Rao, des spirituellen Nachfolgers von Guru Gobind Singh, dem zehnten Guru, und schrieb das Ghat Ramayana.

Tulsi Sahib hieß ursprünglich Sham Rao Peshwa, Er war der ältere Bruder von Baji Rao Peshwa; Er gab seinen Thron für die Spiritualität auf und ließ sich in Hathras nieder. 

Er sollte nicht mit Tulsi Das verwechselt werden, Der ein viel früherer Heiliger war (sechzehntes Jh.) und das Ram Charitra Mansa oder Hindi Ramayana schrieb.

Vorhandenen Quellen zufolge waren Soami Jis Eltern Schüler von Tulsi Sahib. Sie besuchten Ihn häufig im dreißig Meilen entfernten Hathras, um Seinen Darshan zu haben und immer, wenn Er nach Agra kam, hörten sie Seinen Reden zu. Der Heilige von Hathras war es auch, von Dem die Söhne der beiden ihre Namen erhielten: Shiv Dayal Singh, Brindaban und Partap Singh.

Vor der Geburt des ältesten Kindes hatte Er ihnen schon prophezeit, dass sich in ihrem Haus ein Großer Heiliger offenbaren werde. Nachdem der Junge dann geboren war, teilte Tulsi Sahib den Eltern mit, dass sie nunmehr nicht länger nach Hathras zu kommen brauchten, da der Allmächtige Herr nun in ihrer Mitte sei.

Der Heilige von Hathras begann, Soami Jis Leben nach Seiner eigenen Art zu formen und initiierte ihn bereits im Alter von sechs Jahren. Soami Ji wiederum verbrachte fünfzehn Jahre Seines Lebens in einem dunklen Hinterraum, wo Er Sich fast unaufhörlich den Spirituellem Übungen widmete.

Bevor Er im Jahr 1843 die Welt verließ, übergab Tulsi Sahib den spirituellen Mantel an Soami Ji. Zuvor hatte Er Sich sechs Monate lang im Zustand des Samadhi befunden, indem Er in das Göttliche Bewusstsein vertieft war. Erst nachdem Soami Ji bei Ihm gewesen war, verließ Er Seinen sterblichen Körper.

Die Übergabe der Fackel der Spiritualität von Tulsi Sahib an Soami Ji wurde von Baba Garib Das, einem der ersten Schüler Tulsi Sahibs, bestätigt.

Soami Ji verehrte Seinen Guru sehr und empfand auch große Achtung für Dessen Schüler, insbesondere für den Sadhu Girdhari Das, dem Er in seinen letzten Jahren zur Seite stand. So kam Er einmal aus Agra herbeigeeilt, um dem Sadhu, als dieser krank geworden war, vor seinem Ableben die Verbindung mit dem Tonstrom wiederzuerlangen, die dieser – vermutlich aus karmischen Gründen – verloren hatte.

Seinen Anhängern gab Soami Ji häufig Beispiele aus Tulsi Sahibs Leben, um ihnen die Bedeutung von Tugenden wie Geduld, Nachsicht Vergebung und Gottesfurcht zu erklären.

Auch nachdem Tulsi Sahib die Welt verlassen hatte, besuchte Soami Ji weiterhin Hathras, um Sein Andenken zu ehren. Es heißt, dass bei einem dieser Besuche eine solche Hitze herrschte, dass Ihn – da kein Transportmittel zur Verfügung stand und der Weg sehr uneben war – Seine Schüler Rai Saligram und Baba Jiwan Lal zwischen sich nehmen mussten.

Soami Ji brachte dem Guru Granth Sahib eine große Hochachtung entgegen. Dies war offenbar in einer Familientradition begründet, denn das Vorlesen der Sikh-Schriften war in Seiner Familie eine Sache des Glaubens. So liebte Sein Vater, Lala Dilwali Singh – der ein Sahejdhari khatri Sikh und Nanak Panti war– besonders das Jap Ji, den Raho Ras und Sukhmani und las diese Schriften täglich mit großer religiöser Inbrunst und tiefer Verehrung. Soami Jis Großvater, Seth Maluk Chand, welcher zeitweilig der Diwan des Staates Dolphur war, hatte eine handschriftliche Kopie des Sukhmani angefertigt, welche noch in den Archiven des Soamibagh aufbewahrt wird.

Später, als Soami Ji einmal in Seinem Haus im Puni Gali das Jap Ji erläuterte, erkannte Er zumindest bei dieser Gelegenheit deutlich an, wie viel Er dem Punjab verdankte, indem Er auf Guru Nanak und Seine Nachfolger als Quelle der Spiritualität hinwies und dabei auch  Paltu Sahib und Tulsi Sahib als die späteren Großen Heiligen in dieser Linie würdigte.

Rai Brindaban Singh, Soami Jis jüngerer Bruder – Postmeister in Ajodhia – war ein Anhänger von Baba Madhodas aus Mahant Dera Rano Pali in Ajodhia. Wie sein älterer Bruder hatte auch er einen festen Glauben an den Gurbani, welchen er in Ehren hielt. Er gedachte ständig in liebevoller Weise des Herrn und schrieb schöne Verse zu Seinem Ruhm, die in unter dem Titel Wah-e-Guru-Nama in Seinem Urdu-Buch Bahar-i-Brindaban zu finden sind.

O Brindaban, lass alles andere beiseite und übe den Japa des großen Namens Wah-e-Guru! Dies wird dir nicht nur Körper, Gemüt und Seele reinigen, sondern auch Erlösung, Frieden und Glückseligkeit bringen.

Als Lala Diwali Singhs Todeszeit nahte, saß sein Sohn Shiv Dayal Singh , Soami Ji bei ihm und sagte den Gurbani auf, um die Aufmerksamkeit Seines Vaters zum Zeitpunkt seines physischen Endes darauf auszurichten.

Es wird berichtet, dass Soami Ji mit der Zeit häufig – zum Gedenken an den dortigen Besuch Teg Bahadurs, des neunten Gurus – das Sikh-Heiligtum von Mai Than in Agra besuchte. Dort hatte Sant Mauj Parkash, ursprünglich als Didar Singh des Nirmala-Ordens und als großer Sanskrit-Gelehrter bekannt, den Sinn des Gurbani oder der Sikh-Schriften klar erläutert. Da Soami Ji eine enge Verbindung zu Sant Mauj Parkash hatte, studierte Er den Gurbani und seine Bedeutung für den Surat Shabd Yoga  und fing an, an diesem Heiligen Ort Vorträge über den Gurbani zu geben.

Die Schilderung eines solchen Vortrags hat Chacha Partap Singh in seinem Lebensbild festgehalten:

Es war ungefähr 8 Uhr morgens, als Maharaj eines Tages zum Gurdawara in Mai Than ging. Nachdem Er ein oder zwei Verse aus dem Granth Sahib vorgetragen hatte, fing Er an, ihre Bedeutung zu klären. Mit einer vollen und sonoren Stimme schienen die Erhabenen Gedanken aus Ihm herauszufließen wie endlose Wogen einer unerschöpflichen Inneren Quelle. Ich war so überwältigt durch die Kraft Seiner Worte, dass ich mich plötzlich über den Körper und seine Umgebung hinausgehoben fühlte, allem verloren, was von dieser Welt war. Seit jenem Tag war ich ein ganz neuer Mensch und empfand ein starkes Verlangen nach dem Göttlichen, völlig überzeugt von der Größe Soami Jis und Seiner Heiligen Mission.

Einige Zeit später verlegte Soami Ji den Ort für Seine Lehrgespräche, indem Er begann, diese in einem relativ kleinen Kreis in Seiner privaten Wohnung im Punni Gali abzuhalten. Hier hielt Er weiterhin Vorträge über den Guru Granth Sahib. Dies behielt Er für lange Zeit bei, bis dann am Basant-Panchmi-Tag im Jahre 1861 die Schleusentore des Surat Shabd Yoga für die Allgemeinheit geöffnet wurden.

Einen Tag, bevor Er die Welt verließ, sagte Soami Ji – Der bis zuletzt die Initiation in das Geheimnis der fünf-tönigen Melodie, Panch Shabd Dhun-kar Dhun, gegeben hat –  unmissverständlich: 

Mein Pfad war der von Sat Naam und Anami Naam. Der Radhasoami-Glaube stammt von Saligram …

Den Spirituellen Mantel gab Soami Ji indes an Seinen ergebenen Schüler Jaimal Singh weiter, Der Sich in Beas im Punjab niederließ, um das Werk dort wiederzubeleben und einen gewissen Ausgleich für das zu schaffen, was die Welt Guru Nanak schuldig war.